Spaniens Verfassung feierte 30. Jahrestag


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Am 6. Dezember 1978 stimmten die Spanier per Referendum für die bis heute geltende Konstitution

Auch in Spanien ist der 6. Dezember ein Feiertag, ein wichtiger sogar, allerdings nicht, weil an dem Tag der Nikolaus braven Kindern allerlei Leckereien in die frisch geputzten Stiefel steckt. Nein, in Spanien wird an diesem Tag eines zwar vergleichsweise noch relativ jungen, dafür aber umso bedeutungsvoller und, wenn man es ganz genau nimmt, für jeden Bürger wichtigen Themas gedacht, nämlich der nationalen Verfassung.

Madrid – In diesem Jahr war der 6. Dezember in Spanien sogar noch denkwürdiger als sonst, es wurde nämlich der 30. Jahrestag der Verfassung gefeiert. Nach den Grauen des Bürgerkrieges und der Franco-Diktatur ist die „Geburtsstunde“ einer demokratischen Verfassung durch ein Referendum am 6. Dezember 1978 wahrlich ein erinnerungswürdiges Ereignis, das 30 Jahre später zwar eher auf politischer als auch gesellschaftlicher Ebene Beachtung findet, jedoch immer noch Jahr für Jahr zumindest in den seriösen Medien für Gesprächsstoff und seitenlange Artikel sorgt.

So auch in diesem Jahr, wobei der 30. Jahrestag verstärkt dafür genutzt wurde, über das Für und Wider einer möglichen Reform des zentralen Rechtsdokuments Spaniens zu debattieren. Spätestens seitdem das erste Kind des spanischen Kronprinzenpaares ein Mäd­chen war, ist die Notwendigkeit einer Reform der Verfassung zu einem Thema geworden, das nicht mehr allzu lange aufgeschoben werden darf. Noch wird in Spanien männlichen Nachkommen vor weiblichen nämlich der Vorzug gegeben. Durch die Geburt einer zweiten Tochter wurde die Lage zwar etwas entschärft, der spanische Staat kommt in absehbarer Zeit dennoch nicht um eine Reform umhin.

Auf politischer Ebene fehlt jedoch allem Anschein nach weiterhin der dafür notwendige Wille, nicht zuletzt, weil eine Reform der Konstitution die vorherige Auflösung des Parlaments benötigt. Die beiden stärksten spanischen Parteien, die regierenden Sozialisten und die oppositionellen Konservativen, sind sich nach derzeitigem Stand der Dinge auch bei weitem nicht „einig“ genug, um zumindest in dieser Legislaturperiode eine „ruhige“ Reform über die Bühne zu bringen. Und ein möglichst breiter Konsens ist in dieser Angelegenheit unumgänglich, denn mindestens 210 von 350 Abgeordneten müssen für die angestrebten Änderungen stimmen.

Im Hinblick auf den Artikel 57.1, der die Thronfolge regelt, sind sich die Parteien zwar einig. Allerdings geht die wahrlich berechtigte Befürchtung um, dass eine Reform der Verfassung auch eine breite Debatte über den Sinn oder Unsinn einer Monarchie in der heutigen Zeit mit sich bringen könnte. Ein Thema, an das sich bislang keiner der politischen Entscheidungsträger gewagt hat. So war die Reform einiger Aspekte der Konstitution vor über vier Jahren zwar Teil des Wahlprogramms der Sozialis­ten, das Vorhaben scheiterte jedoch bislang am Widerstand der konservativen PP, der stärksten Oppositionspartei im Parlament.

Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero selbst ließ am Jahrestag keinen Zweifel, das vorerst keine Reform ansteht. „Die Reform der Verfassung ist keine Priorität der Regierung“, erklärte er im Rahmen der für diesen Tag angesetzten Veranstaltungen im Abgeordnetenkongress. Sollte nicht überraschend ein „Klima größter Einigung“ entstehen, habe die Regierung nicht vor, in dieser Legislaturperiode erneut die Initiative in Richtung Reform zu ergreifen.

88% der Spanier für eine Reform

Nach einer Umfrage, die im Auftrag der Tageszeitung El País im Vorfeld des 30. Jahrestages der Verfassung durchgeführt wurde, würden 88% der Spanier eine Reform der Kons­titution „befürworten“. Nur 8% der Befragten gaben an, mit der derzeitigen Version gänzlich einverstanden zu sein. 58% der Spanier befinden trotz allem, das Land verfüge über eine „gute Verfassung“, wobei allerdings auch 88% der Befragten zugeben, ihr grundlegendes Gesetz nicht wirklich zu kennen.

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